"Unglaubliche Fülle in verordneter Leere"
Die Ordenfrauen für Menschenwürde trugen ihre Erfahrungen in eine Mindmap zusammen. (c) OfMW
Die Gruppe aus zehn Ordensfrauen hat Erfahrungen aus der Pandemiezeit in eine Mindmap gebracht und diese als Text in vier Punkten publiziert. Der Ausgangspunkt: die Feier der Liturgie ohne Priester.
“Wir hatten alles geplant. Wir hatten uns um einen Priester bemüht, weil das nach den Regeln der katholischen Kirche so zu sein hat. Doch dann kam ganz überraschend und sehr kurzfristig (…) die Absage und wir standen vor der Situation, nun selbst feiern zu müssen, sollen, dürfen, können…“, wird die Erfahrung einer Ordensfrau zu Beginn zitiert.
Der Text, der auch auf feinschwarz.net publiziert wurde, kommt bald zum wesentlichsten Kritikpunkt: „Als Ordensfrauen können wir unser gesamtes Leben selbst verantworten, organisieren und durchführen – gerade auch in geistlichen Belangen – aber die Eucharistiefeier nicht. Einer Priorin/ Oberin steht die geistliche Leitung einer Gemeinschaft zu – aber nicht der Vorsitz bei der Eucharistiefeier. Welches Gemeindebild, welches Priesterbild und welches Frauenbild stehen dahinter? Hier zeigt sich eine Schieflage der katholischen Kirche und eine extreme Abhängigkeit der (Ordens-)Frauen von einem geweihten Mann.“
Stellvertretung, Martyria im Alltag und Communio
Was folgt ist eine Auseinandersetzung, die konstruktive Fragen aus den Erfahrungen der Pandemiezeit thematisiert. Dabei kommt auch die Sprache auf die oft geäußerte „Stellvertretungsfunktion“ allein feiernder Priester.
„Manchmal wurden solche Messen durch den Gedanken vom „stellvertretenden Gottesdienstfeiern“ gerechtfertigt. Wie ist die “stellvertretende” Feier zu verstehen? Es machte sich bei uns Unbehagen breit, wenn Bischöfe/Priester sehr großzügig verkündeten, dass sie stellvertretend für die abwesende Gemeinde Eucharistie feierten. Ja, auch das kann für manche Gläubige ein geistlicher Trost sein. Doch theologisch gehören Stellvertretung und Solidarität eng zusammen. Jesus lebte die Solidarität Gottes mit uns Menschen in der Menschwerdung und seinem Sterben und erst das begründete die Möglichkeit seiner Stellvertretung. Für uns war es an mancher Stelle tröstlicher, wenn auch Bischöfe/ Priester solidarisch mit allen Gläubigen auf die Eucharistiefeier verzichtet haben, denn eine Gemeinde kann ohne Priester keine Eucharistie feiern – umgekehrt gilt das Gleiche!!“
Viele Fragen zur Martyria im Alltag oder zu einer zeitgemäßen liturgischen Sprache folgen. Die Ordensfrauen für Menschenwürde beschreiben gegen Schluß diese Erfahrungen als unglaubliche Fülle:
„Als Ordensfrauen leben wir Communio – Gemeinschaft im Glauben, als Schwestern, die sich nicht selbst gesucht, sondern in der Liebe Gottes gefunden haben. Wir haben die Gemeinschaft – trotz aller Konflikte – in diesen Wochen als zentralen Teil unseres Lebens neu erfahren: im aufeinander angewiesen sein, als sicherheitsgebend und tragend, als Raum der gelebten und geschenkten Versöhnung und als Ort einer großen Charismenvielfalt, die sich endlich noch mehr entfalten konnte, weil Begabungen Raum bekamen.“
"Es gibt kein Zurück mehr hinter unsere Erfahrungen. Es gibt für uns kein Zurück mehr, hinter die Erfahrungen dieser Corona-Wochen 2020 – einer unglaublichen Fülle in der verordneten Leere", endet der Text.
Die Autorinnen:
Sr. Karolina Schweihofer, MC, München, Sprecherin
Sr. Antonia Hippeli, OSB, Tutzing,
Sr. Ulla Mariam Hoffmann OSB, Tutzing
Sr. Mechthild Hommel OSB, Bernried
Sr. Ruth Schönenberger OSB, Tutzing
Sr. Susanne Schneider MC, München,
Sr. Hildegard Schreier MC, Generalleiterin, München
Sr. Veronika Sube OSB, Tutzing
Sr. Sara Thiel, Schwestern vom Göttlichen Erlöser, München
Sr. Hilmtrud Wendorff CJ, Nürnberg
[martin gsellmann]