Armutsdimensionen durch Corona in Österreich
Armut in Österreich hat viele Dimensionen und wirkt in alle Lebensbereiche hinein sagt Magdalena Holztrattner im Interview mit Magdalena Schauer (c) magdalena schauer
Immer wieder überschneiden sich die Themen der KSOE und der Österreichischen Ordensgemeinschaften. So wurde 2019, circa zur selben Zeit, gemeinsam die stark rezipierte Videoserie zur zeitgemäßen Erklärung der Christlichen Soziallehre produziert (Mittlerweile insgesamt über 80.000 Aufrufe aller Einzelvideos auf Youtube). Ein Jahr später treffen wir uns wieder zu einem Interview und die Themen der Soziallehre sind in Zeiten der Coronakrise zentraler denn je. Frau Holztrattner, wie hat sich die Problematik Armut durch Corona verändert?
Magdalena Holztrattner: In den letzten Monaten, seit Beginn der Corona Krise, zeigt sich auch in Bezug auf Armut, dass sich unsere Gesellschaft in einer Schieflage befindet, die vor allem durch einen starken Sozialstaat abgefedert wird.
Armut in Österreich ist sehr relativ.
Von Armut betroffene Menschen sind jene, die es sich nicht leisten können, ihre ganze Wohnung zu heizen. Das sind Menschen, die sich keinen neuen Kühlschrank kaufen können, wenn der alte im Hochsommer plötzlich kaputt wird. Menschen, die so wenig Einkommen haben, dass sie eine gute Freundin auch nicht einmal im Monat zu sich nach Hause zu einem guten Essen einladen können. Eltern, die jedes Mal, wenn es heißt, „wir fahren auf Skikurs in der Schule“, überlegen müssen, „Wie oder woher können wir das Geld nehmen, bzw. müssen wir unser Kind krankschreiben lassen, damit es nicht mitfahren muss, weil wir es uns einfach leisten können?“
Die physische und soziale Dimension von Armut
Armut ist eine Dimension, die sich auf die Gesundheit der Menschen auswirkt, auf ihre physische Gesundheit. Weil arme Menschen hauptsächlich oder überdurchschnittlich in dunklen, feuchten und schlecht beheizten Wohnungen leben. Das macht krank.
Und dann ist da noch der permanente finanzielle Stress: „Wie gehe ich damit um, wenn das Geld aus ist, aber der Monat noch nicht?“
Und auch der soziale Stress: Beispielsweise nicht mit ins Kino gehen zu können, keine tollen Urlaubsfotos zeigen zu können,… Das alles sind soziale Dimensionen, die auf uns Menschen einwirken.
Die gesellschaftliche Dimension von Armut
Nicht zu vergessen ist der gesellschaftliche Stress bzw. eine gesellschaftliche Dimension, die Stress verursacht: Arme Menschen werden oft so hingestellt, auch im politischen Diskurs, dass sie ja "selbst schuld sind.“ Sie müssten sich ja nur eine Arbeit suchen, dann wäre es schon alles wieder gut.
Diese Aussage ist zynisch.
Sie war vor Corona schon zynisch und ist es jetzt umso mehr! Es gibt Menschen, die sind einkommensarm, das heißt, sie verdienen zu wenig, um ordentlich leben zu können, obwohl sie erwerbstätig sind. Also die sogenannten „working poor“- ihre Situation hat sich nocheinmal verschärft!
Sehr viele Menschen wurden durch Corona in die Arbeitslosigkeit oder auf Kurzarbeit geschickt. Und auch wenn man sagt, dass es ja nur zehn oder 20 Prozent weniger des Nettolohns sind- Wenn ich vorher schon nicht auskomme mit dem Geld, dann sind zehn Prozent weniger noch schlimmer und nochweniger. Das tut einfach viel mehr weh.
Die Kraftanstrengung des Sozialstaats Österreich
Auf der anderen Seite zeigt sich gerade am Beispiel Kurzarbeit, wie wichtig ein Sozialstaat ist. Ein Institution, wo die Gemeinschaft all derer, die in Österreich leben und politisch etwas zu sagen haben, im Sinne des Gemeinwohls und des guten Lebens aller entschieden hat, dass sie nicht wollen, dass Menschen in Existenznot versinken, deswegen kriminell werden, oder depressiv bis hin zu suizidal. Dieser Sozialstaat hat glücklicherweise entschieden, gemeinsam eine zu Kraftanstrengung setzen, damit Menschen auch finanziell abgefangen werden.
[magdalena schauer]
Die Christliche Soziallehre erklärt in 7 Teilen (c) magdalena schauer