Podcast zur Karwoche
Sr. Beatrix Mayrhofer war von 2013 bis 2019 Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreich. Der Salvatorianer und Pfarrer der Wiener Michaelerkirche P. Erhard Rauch übte von 2002 bis 2015 die Funktion des Generalsekretärs der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreich aus. Die Superiorenkonferenz und die Vereinigung der Frauenorden Österreich wuchsen am 8. Dezember 2019 zur Österreichischen Ordenskonferenz zusammen.
Gedanken zum Gründonnerstag:
Sr. Beatrix Mayrhofer:
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P. Erhard Rauch:
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Gedanken zum Karfreitag
Sr. Beatrix Mayrhofer |
P. Erhard Rauch |
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Gedanken zu Ostern
Sr. Beatrix Mayrhofer |
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Gedanken zum Ostermontag
Sr. Beatrix Mayrhofer
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P. Erhard Rauch
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Transkriptionen:
Sr. Beatrix Mayrhofer: Verzicht als konkrete Form der Liebe
„Abstand halten! Nicht berühren!“ Die Anweisungen der Regierung für unser Verhalten sind klar und deutlich. Ich bin dankbar, dass die allermeisten Menschen sich genau an die Vorgaben halten und wir uns alle gemeinsam bemühen, die Ausbreitung der Seuche zu stoppen, das Virus nicht weiterzutragen.
Für Christinnen und Christen, die heute den Gründonnerstag feiern, ist der Auftrag, Abstand zu halten, eine besondere Herausforderung. Wir denken an Jesus, der mit seinen Jüngern ein Mahl feiert und dabei keine Abstandregel eingehalten hat. Im Wissen um seinen nahen Tod sucht der Herr nach einem Zeichen, um seinen Freunden nahe zu sein, gegenwärtig zu bleiben in ihrer Mitte. Er nimmt Brot und Wein und fordert ihren Glauben heraus. „Nehmt und esst, nehmt und trinkt, das ist mein Leib, das ist mein Blut.“ Liebe macht erfinderisch, göttliche Liebe kann uns zusichern, in Brot und Wein bei uns Menschen zu bleiben. Weil diese Liebe deutlich spürbar werden soll, nimmt Jesus auch noch eine Schüssel mit Wasser und beginnt, seinen Jüngern die Füße zu waschen.
Wir erinnern uns heute an dieses Ereignis, aber genau heute, am Gründonnerstag 2020, versammeln wir uns nicht in der Gemeinschaft der Glaubenden, wir nehmen nicht das Brot und den Wein, wir erleben auch nicht die so berührende Feier der Fußwaschung. Man könnte sich empören, dass wir nicht tun, was uns Jesus geboten hat. Wir halten Abstand, wir trinken nicht aus dem Kelch, wir bleiben im Haus, wir meiden draußen die Nähe und tragen die Maske. Der Gründonnerstag bekommt eine eigene Prägung. Wir tun, wozu der Herr uns ermutigt: aus Rücksicht, aus schlichter Befolgung der vernünftigen Anweisungen verzichten wir auf die äußeren Formen, auf das liturgische Feiern, aber auch auf das Wandern, den Sport und das Treffen der Freunde.
In diesem Jahr ist für viele von uns der Verzicht auf Bewegung und Begegnung die konkrete Form der gelebten Liebe – in Solidarität mit jenen, die heute Nacht in den vielen Krankenhäusern auf dieser Erde in Schutzanzügen die Kranken behandeln, den Sterbenden eben nicht die Berührung schenken können, die sie gerade in dieser Stunde so notwendig bräuchten. Danke allen, die Abstand halten, die die Anweisungen der Regierung befolgen und mithelfen, dass wir gemeinsam diese schwierigen Zeiten bestehen. Danke von Herzen jenen, die in vielfacher Gestalt den Dienst der Fußwaschung vollziehen und bei jenen sind, die die Schwelle des Todes überschreiten.
Glaubend und hoffend bin ich gewisse: auch der Herr ist in dieser Nacht hinübergegangen vom Leben zum Tod, aber er ist nicht dort geblieben
P. Erhard Rauch: Von Petrus und Judas
Das letzte Abendmahl - Wir haben ein Bild vor Augen: Dieser lange Tisch, Jesus in der Mitte, um ihn herum seine Jünger, denen er jetzt sein Vermächtnis anvertraut. Da ist Petrus, der Sprecher der Zwölf. Er will hundertprozentig Jesus folgen, will sogar mit ihm sterben. Aber er verleugnet ihn auch. Doch er wird auch dreimal nach seiner Liebe gefragt, wird dabei traurig, begreift, und schämt sich auch nicht, über sein Versagen zu weinen.
Da ist auch Judas, ebenfalls als Zeuge Christi auserwählt, ja er wird sogar von ihm noch beim Verrat „mein Freund“ genannt. Er hat mit Jesus viel vor. Will er ihn provozieren, herausfordern sich als der Messias durchzusetzen und dreinzuschlagen? Doch Jesus enttäuscht ihn. So ist die Welt nicht zu retten. Judas verzweifelt, verliert das Vertrauen zu seinem Meister, seiner Vision, seinem Leben, und verwirft es.
Sind diese beiden wirklich so verschieden? Schuldig sind beide geworden, der eine verleugnet, der andere verrät. Doch der eine weint, findet in Jesus sein Leben wieder und stirbt als Papst. Der andere verliert sein „Du“, kreist nur um sich selbst, traut nur seinem eigenen Heilsplan und stirbt als Verräter.
Auch dieses Geschehen feiern wir am Gründonnerstag, auch das gehört zur Aufforderung Jesu: Tut dies zu meinem Gedächtnis! Seht zu, dass man das nicht vergisst!
Wir kennen viele Anstrengungen dieser Welt gegen das Vergessen: Pyramiden, Mausoleen, Denkmäler und Paläste. Und wir hüten und renovieren sie, und erklären sie zu Weltwundern oder zu Weltkulturerben.
Von den großen Monumenten gibt es die Erkenntnis: Das gibt es nur einmal! Das könnte man heute gar nicht mehr so machen.
Vom Letzten Abendmahl gibt es die Gewissheit, dass es sich jederzeit neu ereignen kann, dass ich nicht zurückschauen muss in die Geschichte, sondern dass sich diese Geschichte immer wieder aufbaut und täglich neue Menschen miteinbezieht. Auch dadurch entsteht Unsterblichkeit.
Was wird man in 2000 Jahren von uns finden? Großartige Kirchen, die von alter Zeit zeugen und auf die das Denkmalamt aufpasst, oder viele kleine Gemeinschaften, die aufeinander aufpassen und miteinander Eucharistie feiern und so das Gedächtnis Jesu in die Zukunft tragen?
Sr. Beatrix Mayrhofer: Ostern trotz AusgangsbeschränkungVor Jesus muss ich keine Maske tragen
Es ist kaum zu glauben, aber noch vor wenigen Monaten waren Masken noch bunt und kunstvoll verziert, ein Schmuckstück für einen einzigen Abend. Man hat wunderschön gestaltete Masken gebraucht, um auf einen Ball gehen zu können. Der Maskenball war für manche ein Höhepunkt im letzten Fasching. War das wirklich noch im Jänner, im Februar dieses Jahres? Plötzlich hat für uns alle das Wort „Maske“ eine ganz andere Bedeutung bekommen. Wir tragen die Masken nicht zum Vergnügen, sondern um andere Menschen vor einer Ansteckung zu schützen. Wir vergleichen Qualität und Preis, am Eingang zum Supermarkt werden wir verpflichtet, sie zu tragen. Aus der Frage: „Was ziehe ich an heute Abend, zum Ausgehen, zum Tanzen?“ ist in wenigen Wochen die bange Frage geworden: Gibt es genug Schutzanzüge für unsere Mediziner, für das Pflegepersonal, für alle, die in ihrem Beruf der Ansteckungsgefahr ausgesetzt sind?
In manchen Ländern stellt sich auch schon die grauenvolle Frage, ob es denn genug Platz gäbe auf den Friedenhöfen, ob die Toten noch würdevoll begraben werden könnten. Die Tagesmeldungen bringen uns immer die Anzahl der Toten in den letzten 24 Stunden. Aber es gibt auch Ermutigendes in diesen dunklen Zeiten.
Wir lesen von den vielen Freiwilligen, von selbstverständlicher Nachbarschaftshilfe und Einsatzbereitschaft, von der Kreativität, mit der Menschen einander beistehen und aushelfen. Es gibt auch das Bild einer alten Frau, die den Ärzten sagt, sie sei bereit zu sterben, die Hilfe solle einem anderen zukommen. Da nimmt eine Frau den Tod ganz bewusst auf sich, um einem anderen Menschen die Chance auf das Leben zu schenken.
Karfreitag ist heute und Christen denken an die eine Todesmeldung, die für die Glaubenden gleichzeitig zur Nachricht über den entscheidenden Wendepunkt wird. Wir besinnen uns auf den Tod unseres Herrn Jesus Christus und glauben, dass dieser Jesus von Nazareth durch sein Sterben uns allen den Zugang zum Leben eröffnet hat.
Ich könnte es auch mit dem Bild von der Maske sagen: Vor Jesus muss ich keine Maske tragen, ihn muss ich nicht vor mir schützen. Im Gegenteil: er nimmt all meine Not auf sich, ganz bewusst lässt er sich anstecken vom Virus der Sünde. Und wenn er, wie der Evangelist Johannes schreibt, sterbend den Geist aushaucht, dann wird der Todeskeim des Bösen besiegt, dann bekommt der Atem des Lebens eine ganz neue Chance.
P. Erhard Rauch: Was es heißt, das Kreuz auf sich zu nehmen
Wirklichkeiten und Wahrheiten, die mein Leben bestimmen und tragen sollen, müssen so einfach sein, dass ich sie immer in mir gegenwärtig haben kann. Nur so kann ich von ihnen leben. Die Wirklichkeiten der Liebe sind von dieser Einfachheit. Die Wirklichkeit der Erlösung müsste es ebenso sein. Sie muss als Erfahrung der Liebe bewusst werden, damit sie unser Leben tragen kann.
Der Satz: „Gott hat uns erlöst“, ist uns als Glaubenssatz vom Verstand her vielleicht klar. Doch die Wahrheit meines Lebens wird mir nicht nur durch den Verstand erschlossen, sondern sie geht mir auf, sie entfaltet sich durch mein ganzes Menschsein, wenn ich mit ihr lebe.
Das ist etwas anderes als ein stures Gebote halten. Und da braucht es bei uns manchmal ein Ausbrechen aus unserem Trott, einen Perspektivenwechsel. Unsere Gottesbeziehung ist oft unpersönlich, berechnend. Damit Gott nicht böse auf uns ist, bringen wir ihm Opfer. Christus hat uns eine andere Wirklichkeit gezeigt: Damit wir zu Gott finden können, bringt er ein Opfer! Gottesdienst ist nicht nur unser Dienst an Gott, sondern vielmehr noch der Dienst Gottes an uns.
Von Franz von Assisi wird eine berührende Situation berichtet: Die Brüder hatten beschlossen zu fasten. Einer hat es nicht geschafft und hat Franziskus angeboten, die Gemeinschaft zu verlassen, da er zu schwach sei, die Leistung nicht erbringen konnte. Wie hat Franziskus das gelöst: er hat sich zu ihm gesetzt und hat mit ihm gegessen.
Ein Perspektivenwechsel. Er ist ihm nicht mit dem Gesetz, sondern mit der Liebe begegnet. Er hat das Erbarmen Gottes weitergegeben.
Das Kreuz Jesu besteht in der freiwilligen Selbsthingabe an die Menschen. Jesus ist gestorben, nicht weil sein Vater ein blutiges Vergeltungsopfer will, sondern weil die Menschen diesen letzten Einsatz brauchen, damit sie im Innersten begreifen, wie sie wirklich sind. Ich darf hier den Sohn nicht vom Vater trennen. In Jesus hat sich Gott selbst hingegeben. Jesus ist ja kein anderer als sein Vater!
Kreuz auf sich nehmen heißt also: Hingabe an die Menschen, Weitergabe des Erbarmens Gottes. Ich kann mitwirken an der Auswirkung der Erlösung, indem ich das Kreuz nehme, trage, anbete, berühre. Ich kann das Erbarmen Gottes ganz dicht an mich heranlassen und durchlassen.
Sr. Beatrix Mayrhofer: Wie gerne würde ich allen weiße Hortensien schicken
Der Karsamstag war für mich schon immer ein ganz besonderer Tag. Mein Vater war Mesner. Darum war er nur zweimal im Jahr, am Karfreitag und am Karsamstag zum Frühstück zuhause. Da musste er keine Glocken läuten.
In der Kirche hat mein Vater das sogenannte „Heilige Grab“, die Darstellung des toten Jesus, mit großem Aufwand gestaltet. Das Seitenschiff der Kirche war mit langen violette Tüchern verhüllt und rund um die Jesusgestalt wurden Blumenstöcke aufgestellt. Weiße Hortensien mussten es sein, viele weiße Hortensien. Wenn dann die letzte Andacht beim Heiligen Grab vorbei war, begann für uns Mesnerkinder der große Einsatz. Der Hochaltar war zu schmücken und meine Schwester und ich trugen die Hortensien von der Seitenkapelle zum Hauptaltar, wo die weiße Pracht ganz neu zur Entfaltung kam.
Sehr anschaulich habe ich als Kind erlebt, dass das Grab nicht das Ende ist, sondern nur die Zwischenstation. Ja, Jesus ist hinabgestiegen in das Reich des Todes, aber er ist dort nicht geblieben. Es gibt für ihn und für uns alle die Freude des dritten Tages, das Alleluja der Osternacht, die Glocken des Siegers am frühen Morgen.
Wäre heuer kein so anderes Jahr, wäre ich am Karsamstag wieder unterwegs in der Wiener Innenstadt, um in einigen Kirchen das Heilige Grab zu besuchen. Besonders beeindruckt hat mich immer die Darstellung in der Jesuitenkirche. Man muss hinuntersteigen in die Krypta und findet dort zwischen einigen alten Särgen die Figur des toten Jesus, schlicht auf den Boden gebettet, umgeben nur von wenigen Blumen und Kerzen.
In diesem Jahr werde ich kein Heiliges Grab besuchen. ich denke an die vielen Toten der letzten Wochen, an die Militärfahrzeuge in Bergamo, mit denen die Särge abtransportiert wurden, Ich denke an die Sporthalle in Spanien, die als Leichenhalle verwendet wird. Ich bete für die Verstorbenen und ihre Familien und erbitte ihnen und uns allen die Hoffnung auf den Übergang – aus der Zeit der Seuche in eine neue Gesundheit, aus dem Tod in das Leben. Wie gerne würde ich allen weiße Hortensien schicken, nicht als Grabschmuck, sondern als Hoffnungszeichen des Glaubens.
Bei uns in der Klosterkirche in Wien Fünfhaus werden übrigens noch immer die Blumen hin und her getragen. Wir teilen die Kirche mit der Gemeinschaft der orthodoxen Christen aus Antiochien. Sie rufen „Hosanna“, wenn wir schon Alleluja singen. Sie feiern Ostern eine Woche später. Ich wünsche mir sehr, dass die Christen sich auf einen gemeinsamen Ostertermin einigen können. Bis dahin stelle ich mir vor, dass es im Himmel auch ein verhaltenes Lächeln gibt über uns, die wir dem je eigenen Kalender die Treue halten. Vielleicht wandelt sich das himmlische Lächeln einmal in ein großes gemeinsames Osterlachen, in das auch diejenigen einstimmen können, denen heuer so gar nicht nach Osterfeiern zumute ist.
P. Erhard Rauch: Zu Ostern geschieht etwas mit uns!
Wir sind gewohnt unser Leben einzurichten mit dem, was Menschen möglich ist. Und wir erfahren, dass vieles nur begrenzt möglich ist. Zum Beispiel: geschwisterlich teilen, Trauernde trösten, die eigenen Ideale verwirklichen. Zum Teil gelingt uns das, zum anderen Teil eben nicht. Man muss auch damit leben, dass der Tod zum Leben gehört. Doch soll man sich nicht hindern lassen, so zu leben, dass man nachher sagen kann, es hat sich gelohnt. So denken viele Menschen, die einfach gut sein wollen.
Und da kommt einer, der zeigt den Menschen, dass es doch noch mehr gibt. Er spricht Gefangenen Erlösung zu, den Kranken Heilung und verspricht denen, die sich ihren Anteil am Leben nicht mit Gewalt holen, Genugtuung. Sie werden Besitzende sein. Er hatte die Gabe, dass in seiner Umgebung Menschen, die sich schon aufgegeben hatten, wieder zum Leben kamen. Und er wurde zum Hoffnungsträger einer neuen Generation gegen das Althergebrachte. Jesus von Nazareth. Und er endete am Kreuz. Da hatte einer auf Gott gebaut und der rührte sich nicht für ihn. Aus - vorbei, es geht wieder zur Tagesordnung.
Gegen diese Resignation feiern wir, dass es damit nicht aus war. Der Vater unseres Herrn Jesus Christus blieb nicht untätig. Wir feiern, dass wir der Sehnsucht in der Tiefe unseres Herzens trauen dürfen und dass wir über das Menschenmögliche hinaus hoffen dürfen: Auf Gottes Möglichkeiten, alles gut werden zu lassen.
Wir feiern mit der Auferstehung nicht nur ein Geschehen, dass einmal an diesem Jesus vollzogen wurde, wir feiern auch, dass mit uns etwas geschehen ist und immer neu geschehen soll. Wir sagen: Wir sind befreit von Sünde und Tod. Sünde ist Lebensbehinderung. Das bedeutet, dass wir Menschen mit zu engem Herzen, mit zu ängstlicher Sehnsucht, mit zu beschränkten Hoffnungen leben, gleichsam unter dem Niveau unserer Möglichkeiten. Davon sollen wir in der Kraft dieses Jesus mitauferstehen. Dadurch sprengt er mit seinem Grab auch unsere Enge und gibt uns neue, ungeahnte Lebensfreuden.
Österliche Freude heißt, dass wir uns öffnen für den Geist des Gekreuzigten und Auferstandenen. Dieser Geist richtet uns auf, damit wir die neue Gegenwart erkennen. Und wir dürfen alle Hoffnung setzen auf das, was uns möglich ist mit ihm. Die Freude an dem Gott, der dem Tod widersteht, ist unsere Kraft. Sie führt uns ins Weite des wirklichen Lebens, das alle Grenzen sprengt, mehr als Menschen aus eigener Kraft möglich ist.
Sr. Beatrix Mayrhofer: Ostern trotz Ausgangsbeschränkung
Ostermontag und Ausgangsbeschränkungen! Hoffentlich hat die Polizei heute nicht allzu viel Arbeit. Viele Raser werden wohl nicht gestoppt werden müssen, aber in dieser so anderen Zeit werden auch uneinsichtige Wanderer gestraft und Sportler in ihrem Übereifer gebremst. Wir üben den kollektiven Gehorsam und halten uns an die Regeln, nehmen die Einschränkungen zur Kenntnis, obwohl es jetzt wirklich schwierig ist.
Christen feiern gerade Ostern, für Juden ist Pessach und für die Muslime beginnt noch in diesem Monat der Ramadan. Alle gemeinsam erleben wir jetzt, was der Moderator vor einigen Tagen bei der Ansage des Wetterberichts mit besonderem Wortwitz erklärte. Aus dem Adverb, so meinte Herr Leitner, wird heuer ein Substantiv. Wir erleben nicht nur frühlingshaftes Wetter, wir befinden uns selbst in einer Frühlingshaft.
Wer hinausgehen muss, darf das nur nach genau vorgegebenen Regeln, alle anderen bleiben daheim. Wir sitzen auch am Ostermontag in Frühlingshaft.
In den liturgischen Texten der Kirche wird heute an zwei Männer erinnert, die nicht hinter verschlossenen Türen geblieben sind. Sie waren unterwegs von Jerusalem nach Emmaus. Das war kein Spaziergang, auch kein Dienstauftrag. Sie haben auch keine Ausgangsperre gebrochen. Eher waren sie auf der Flucht vor der möglichen Verhaftung all jener, die mit dem Verbrecher sympathisiert haben, der durch eine Kreuzigung aus der Welt geschafft worden ist. Jetzt sind die Jünger auf dem Weg, ratlos und traurig. Einer gesellt sich zu ihnen und im Gespräch spüren die beiden, wie sich etwas bewegt in ihren starr gewordenen Herzen. Als der Fremde mit ihnen das Brot bricht, da brechen in ihnen alle Dämme. Es ist der Herr! Sie laufen zurück nach Jerusalem, sie müssen es den anderen erzählen. Man kann nicht schweigen, wenn man einem begegnet, der vom Tod zum Leben gekommen ist. Auch in Zeiten der Ausgangssperre kann es Jesus nicht verboten werden, das Grab zu verlassen.
Ich habe in diesen Tagen einen Cartoon auf das Handy bekommen, über den ich zuerst geschmunzelt und dann länger nachgedacht haben. Der Künstler hat ein Felsengrab gezeichnet, aus dem gerade ein Mann versucht herauszukommen. Er schiebt den Stein zur Seite – und der römische Soldat weist ihn ganz energisch zurecht: Ausgangsperre! Zurück in das Grab!
Was hier ein humorvolles Spiel mit den derzeit geltenden Einschränkungen ist, macht mir gerade die alles sprengende Kraft von Ostern sichtbar: Jesus lebt und keine Macht der Welt kann ihn zurückhalten im Tod. Das ist eine wirklich gute Nachricht für uns alle, gerade jetzt, in den Zeiten der Frühlingshaft.
P. Erhard Rauch:Es braucht von Gott erfasste Männer und Frauen
Glaubensgeschichten sind fast immer Weggeschichten. Gott ruft Menschen auf einen Weg. Am Beispiel der Emmausjünger wollen wir uns orientieren auf unserem Weg, Es braucht immer wieder neue Schritte in den Glauben hinein.
Es waren Jünger, zu denen sich der Auferstandene gesellte. Menschen, die von der Botschaft Jesu in irgendeiner Weise ergriffen waren. Es wird in Zukunft auch immer wieder notwendig sein, nach solchen Jüngern Ausschau zu halten. Es braucht von Gott erfasste Männer und Frauen, die einander eine gute Atmosphäre bereiten.
Aber der Weg zum Glauben an den Auferstandenen führt durch die Trauer. Es gibt keinen Weg am Kreuz vorbei. Es muss traurig gemacht haben, was mit ihm geschah. Wer diese Trauer nicht kennt, der kann auch nicht vom Trost der Auferstehungsbotschaft erreicht werden.
Um zum Osterglauben zu kommen, müssen wir uns das Glaubenszeugnis anderer sagen lassen.
Wir können den Glauben nicht erzwingen, wir können ihn nur anderen wünschen. Wir können eine Atmosphäre schaffen, in der Glaube sich entfalten kann. Glauben habe ich nicht, sondern er ist manchmal ganz stark da, manchmal wieder weiter weg, wie Freundschaft, Liebe etc.
Wir müssen niemanden bekehren, wir sollen nur davon reden, woraus wir leben. Wir sollen Zeugen sein, die weitersagen, was sie selbst erlebt haben, Boten, die Briefe bringen, die wir nicht selbst geschrieben haben. Wir sollen Apostel, die „weggeschickt“ sind, um andere zu erreichen.
Die Emmaus-Jünger erkannten zunächst nicht, wer da den Weg mit ihnen ging. Dass er lebt, an den alle ihre Hoffnung gehängt hatten, erkannten sie erst am Brotbrechen.
Auch unser Glaubensweg mit dem Auferstandenen wird unterschiedliche Erfahrungen kennen. Wo wir im Glauben an sein Dasein unter uns zusammenkommen, kann uns die Erfahrung seiner Nähe geschenkt werden. Es wird aber auch Zeiten geben, in denen er uns fern ist. Wichtig ist, dass wir die Erfahrungen seiner mitgehenden Nähe nicht vergessen, sondern in uns hüten. Sie halten uns offen für Zeiten, die wir durchgehen müssen, bis sein Feuer wieder in uns entflammen kann.
[elisabeth mayr]