Die beste Arznei für den Menschen ist der Mensch
Prior P. Johannes Pausch bei seinem Eröffnungsvortrag. Foto: © Vinzenz Gruppe / Martin Nußbaum
P. Pausch ging in seinem Referat zunächst auf die Spitalswirklichkeit ein, die der allgemeinen Realität entspricht. Es gibt auch im Bereich der Spitäler auf der einen Seite Dankschreiben für die gute ärztliche Behandlung und Pflege, auf der anderen Seite Kritik an zu viel Technik und Bürokratie und zu wenig Zuwendung. Von dieser Wirklichkeit seien alle betroffen, egal in welchem Bereich, im Spital, in der Schule, in der Gesellschaft. P. Pausch: „Ob im Spital, in Schule oder Gesellschaft: es geht letztlich nie um Technik, Organisation, Bürokratie. Es geht immer um menschliche Beziehungen, das Ich-Du-Wir-Verhältnis. Es geht um Achtsamkeit, Offenheit, Wahrnehmung, Zuwendung, Kommunikation (verbal oder nicht verbal), um Balance, um Klarheit.“ Das seien spirituelle Begriffe. Aber „Spiritualität ist Beziehung“, „spirit – Geist“ habe immer etwas mit Beziehung zu tun.
Spannungsfelder
P. Pausch benannte sodann Spannungsfelder im Spital:
- die technische und bürokratische Omnipotenz, die es aber nicht gebe („es gibt nur humane Impotenz);
- das Bild von ÄrztInnen als Göttern in Weiß, die Sklaven der Technik und der Bürokratie seien;
- Grenzen der physischen und psychischen Leistungsvermögens. Pausch: „Wir müssen wieder lernen, was es heißt, krank zu sein und wieder zu gesunden.“
- ein gutes Maß ist verloren gegangen - „Wir haben Angst vor Versagen.“
- die Würde des Menschen und der Verlust an Werten, das ist „wie wenn Wasser verdunstet“.
- die Frage nach Verantwortung und nach Versagen und Schuld.
Zwar gebe es in den meisten Krankenhäusern und Pflegeinrichtungen Wertediskussionen und -Leitlinien. Auf die Frage nach den schriftlichen Leitlinien habe ihm jemand einmal gesagt: „gelesen – gelassen – gelocht“.
Der Referent zitierte einen Ausschnitt aus dem ärztlichen Gelöbnis: „Ich gelobe -… mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen. … Die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Patienten werden mein oberstes Anliegen sein.“
Was es braucht im Dienst der Menschlichkeit
Pausch gab darauf eine „spirituelle“ Antwort mit „alten“ Begriffen, die heute genauso aktuell seien wie damals. Technik, Organisation, Bürokratie seien wichtig. Aber das dürfe nicht zu einem „zu viel an Technik und zu wenig an Menschlichkeit“ führen. Es brauche:
- Humilitas – Demut. Deren Wurzeln seien Humus, Homo, Humor – Mensch sein und Mensch werden, wandlungsfähig sein und Humor.
- Discretio – das gute Maß („keinen Unfug übertreiben“)
- Pietas – die „Sorge um den Haushalt“. Das bedeute sorgfältig zu leben und Verantwortung zu tragen für Körper, Seele, für das Ganze des Krankenhauses.
Über 300 Fach- und Führungskräfte aus dem Gesundheitswesen, der pharmazeutischen Industrie und dem medizinisch-technischen Bereich nahmen an der Veranstaltung teil. Foto: © Vinzenz Gruppe / Martin Nußbaum
Kraftquellen
Gestärkt werden wir laut Pausch durch:
- Selbsterkenntnis und Selbstwahrnehmung,
- Kollegialität und Kooperation (Prozess der Wertschätzung)
- Gelassenheit und Humor
- Wahrheit und Schuldfähigkeit
- Dankbarkeit als Schlüssel zur Freude
- die alten und doch aktuellen Tugenden (Tapferkeit, Mut …)
Das gelinge nur in Beziehung zueinander und mit gutem Willen. „So entsteht das Wagnis der dynamischen Balance.“ Das Risiko von Erfolg und Misserfolg, Schuld und Anerkennung, Erfüllung und Erschöpfung, Versagen und Gelingen bleibe bestehen. Aber es könne erfahrbar werden: „Ich als Mensch bin die beste Medizin des Menschen.“
Die Veranstalter des 16. Forums Hospitalmanagement: von links: Dr. Josef Probst, Generaldirektor im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger; Dr. Michael Heinisch, Geschäftsführer der Vinzenz Gruppe und Leiter der ARGE Ordensspitäler; a.o. Univ. Prof. Dr. Johannes Steyrer, Leiter des MBA Health Care Management an der WU-Wien; DI Herwig Wetzlinger, Direktor der Teilunternehmung AKH Wien. Foto: © Vinzenz Gruppe / Martin Nußbaum
In den übrigen Vorträgen des 16. Forum Management zum Thema „Miteinander, Nebeneinander, gegeneinander: Das Spital als Bühne vielfältiger Beziehungsnetze“ ging es um Kooperation und Führung im Krankenhaus, die Arzt-Patient-Beziehung im digitalen Zeitalter, Kooperation und Vielfalt, Führungsziele und Patientensicherheit und um Vertrauen und Hoffnung als Heilmittel für eine neue Beziehungsmedizin.
[hwinkler]