Kärntner Ordenstag: Eine neue Zukunft kommt auf uns zu
„Wir sind im Korsett der Vergangenheit gefangen. Es heißt, Abschied zu nehmen von der Magie der Zahlen. Alles wird weniger und das erzeugt eine depressive Stimmung.“ P. Bernhard Eckerstorfer, selbst Novizenmeister, Religionsprofessor am Stiftsgymnasium und international erfahrener Benediktiner plädiert dafür, „diese Logik zu verlassen und sich nicht dem Diktat der negativen Stimmung hinzugeben“. Am Beispiel des Stiftes Kremsmünster durch die Jahrhunderte seit dem Jahre 777 erläutert er, dass der Normalfall etwa 20-25 Mönche waren, am wenigsten in der Reformationszeit mit drei und in den 1950er-Jahrenmit über einhundert. „Es ist nicht die Anzahl, die über die Präsenz und Wirkmacht entscheidet.“ Deshalb will der junge Benediktinermöch diese weit verbreitete „Noch-Logik“ durchbrechen, die sich in der immer wieder gestellten Frage äußert: Wie viele seid ihr noch? Es geht um die „Abkehr von der Norm der Vergangenheit“. Das ist vor allem auch ein emotionaler Abschied. „Es braucht eine Entrümpelung von den alten Bildern und Zahlen im übertragenen Sinn.“
Neue Maßstäbe für neue Zeiten
„Wo sind zukunftsvolle Zeichen?“ Diese Frage legt Eckerstorfer den Ordensfrauen und Ordensmännern ans Herz. Er selbst sieht zum Beispiel, „dass Laien Aufgaben in der spirituellen Haltung des Ordenscharismas übernehmen“. Neues ist dran und es geht darum, Raum dafür zu schaffen, „Atemräume und Denkräume dafür zu öffnen“. Die Welt ist interessiert am Authentischen, am Echten, am Kleinen, am Regionalen, am Überschaubaren und an „Raum zu durchatmen“. Eckerstorfer sieht die Orden derzeit mancherorts in der „Wüstenerfahrung“. Geistliche Müdigkeit, Überforderung, Enttäuschung, die Erfahrung der Fruchtlosigkeit und personelle, finanzielle Engpässe sind die Wüste heute. Aber: „Der Ort der Liebe ist die Wüste und Gott hat seinen Bund mit dem Menschen in der Wüste gestärkt. Der Ort der Wüste ist für Ordensleben konstitutiv. Vertrauensmangel und Angst, hinter dem Vergangenen zurück zu bleiben, halten uns fest.“ Und Eckerstorfer ohne Umwege: „Es wird uns viel genommen, weil wir allzu viel festhalten.“ Das Loslassen bringt ein Umdenken, einen Paradigmenwechsel mit sich. „Wenn wir Wüste positiv sehen, dann wir Platz für die Liebe zu Gott, geht der Blick zu den Sternen, um sich am Großen zu orientieren und wir lernen das Nötigste wie Wasser neu zu schätzen.“ Neue Maßstäbe für diese neuen Zeiten sind die Folge.
vlnr: Ferdinand Kaineder, Sr. M. Cordis Feuerstein (Generalsekretärin in Wien), P. Bernhard Eckerstofer, Sr. Pallotii findenig, P. Siegfried Stattmann (Foto: fkaineder)
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Die Gemeinschaft ist das Zentrum
„Früher stand die pastorale Funktion der Ordensleute im Mittelpunkt, heute ist es mehr die Gemeinschaft, das Kloster, das Gemeinschaftsleben selber.“ Eckerstorfer zeigt das in der Veränderung und Entwicklung der benediktinischen Konstitutionen der 1980-er Jahre und 25 Jahre später. „Der Ort, wo wir sind, ist der pastorale Ort. Jetzt. Durch das Dasein wirkt das Kloster, die Gemeinschaft. Funktionales Denken ist gewandelt in Daseins-Denken heute.“ Eckerstorfer weiß auch, „dass die MitarbeiterInnen einen geistgeprägten Ort erwarten, sich daran orientieren wollen und sie die Quellen dieses spirituellen Lebens erschlossen bekommen.“ So bekommen Mönche oder Ordensfrauen die neue Aufgabe, „diese Orte der Gottsuche zu öffnen und die Quellen für Suchende zu erschließen“. Gerade der Blick der Jungen öffnet in besonderer Weise für die Gegenwart. Der „Treffpunkt Benedikt“ oder das Jugendbrevier „Oremus“ des Stiftes Kremsmünster sind Ausdruck der „intensiven Gottsuche, der Sehnsucht nach Gemeinschaft und dem gemeinsamen Gebet“. Das sind auch die Hauptgründe für den Eintritt in eine Ordensgemeinschaft: Gottsuche, Leben in Gemeinschaft und Gebet. „Es braucht daher eine gelassene Aufmerksamkeit und ein waches Bewusstsein. Es kommt einen neue Zukunft auf uns zu.“
Keime der Zukunft sind lebendig
Eckerstorfer plädiert eindringlich, „gewohnte Schablonen abzulegen. Anderes gelten lassen, Ungleichzeitigkeiten aushalten, weil Vielfalt stärkt. Junge bringen Neues und suchen starke Identitäten. Ordensleben sucht immer die Radikalität. Gerade die Jungen sind auf der Suche und stehen in dieser Sehnsucht nach Radikalität. Es geht immer um Lebendigkeit.“ Eckerstorfer ermuntert dazu, „den Jungen das Charisma neu buchstabieren zu lassen“. Das heißt probieren, beobachten und „Experimente zulassen“. Und Eckerstorfer immer wieder am Punkt: „Die Lebendigkeit ist der Schlüssel.“ Das heißt auch, neue Weichenstellungen vorbereiten und stärken, Netzwerke zu schaffen und zu fördern, das jeweilige Ordenscharisma für andere fruchtbar zu machen. „So entstehen neue Wege.“ Eckerstorfer plädiert dafür, gute Ausbildungen zu ermöglichen und nennt als Beispiel, „dass Ordensleute ExpertInnen für Entscheidungssituationen werden“. Er selber interessiert sich weltweit für neue lebendige Orte aus dem Evangelium heraus. Auch hier macht er die Erfahrung, dass eine kleine Gruppe für eine große Stadt ein wichtiges geistliches Zentrum werden kann.
„wach“ als Jahresschwerpunkt im WEG-Konzept
Im Rahmen des Ordenstages hat der Leiter des Medienbüros der Ordensgemeinschaften Ferdinand Kaineder das „WEG-Konzept“ für die nächsten drei Jahre vorgestellt. Er informierte darüber, dass im kommenden Jahr das „wach – für ein gutes Leben aller“ in den Fokus gerückt wird. Entlang der Gelübde, die in den Begriffen „einfach – gemeinsam – wach“ als spirituelle Anker neu buchstabiert werden, werden Aktionen oder Schwerpunkte angeregt, die sich als spirituelle Impulse bis hin zur gesellschaftspolitischen Einmischung verstehen. Kaineder zum Ziel: „Wir schenken der Gesellschaft Haltungen, Erfahrungen und Sichtweisen als Lebensorientierung für ein gutes Leben aller auf Zukunft hin. Es geht um die Verlebendigung der Ordenscharismen, um Transformation und neue Partizipationsformen. Im kommenden Jahr steht „wach“, dann „einfach“ und im dritten Jahr „gemeinsam“ im Mittelpunkt.
Im Rahmen des Ordenstages haben Sr. Pallotti Findenig und P. Siegfried Stattmann den bisherigen Bischofsvikar für Orden P. Antonio Sagardoy dankbar verabschiedet. Durch die Bischofsvakanz ist auch das auch die Aufgabe als Bischofsvikars beendet.
Organisation der Ordensgemeinschaften in Österreich
[fkaineder]