Moraltheologe P. Martin Lintner: Tierschutz ist christliche Verantwortung
Die verhängnisvolle, vordergründig philosophisch bedingte Tiervergessenheit der christlich-abendländischen Tradition, die zwischen den nicht vernunftbegabten Tieren und dem Menschen als "animal rationale" einen tiefen Graben aufgeworfen habe, sei so in der Bibel nicht zu finden. Die Bibel beschreibe Tiere viel mehr als Bundespartner Gottes, für die auch die Sabbatruhe gelte; auch Paulus spreche von einer Hoffnung auf Erlösung, die die gesamte außermenschliche Schöpfung miteinschließe.
So wäre es ein "starkes, aber überfälliges Signal", wenn kirchliche Bildungshäuser, Klöster, Pfarrhöfe oder Pfarrgemeinden konsequent beginnen würden, auf die Herkunft von Fleisch, Eiern oder Milch zu achten: "Sie sollen ausschließlich von ökologisch und tierethisch qualifizierten Bauernhöfen und nach Möglichkeit aus der eigenen Region stammen, um Lebendtransporte von Tieren beziehungsweise weite Transportwege der Waren zu vermeiden. Das sollte ebenso selbstverständlich werden wie etwa die Mülltrennung", so der Moraltheologe.
"Unumgänglich" sei ein Umdenken in der Gesellschaft. P. Lintner schlägt vor, vegetarische Gerichte als die "normalen" und jene mit Fleisch als "Sonderwunsch" zu kennzeichnen, um einen Bewusstseinswandel zu fördern. Höhere Preise von Bio-Produkten wertet er nicht als zu teuer, sondern Produkte aus der konventionellen Landwirtschaft seien zu billig, "weil die Kosten für die negativen Auswirkungen auf ökologischer, gesundheitlicher und sozialer Ebene nicht verrechnet werden". Bauern, die nach hohen ökologischen und tierethischen Kriterien wirtschaften, hätten ein Anrecht darauf, für ihre Produkte und dafür, was sie für das Tierwohl tun, angemessen entlohnt zu werden.
[hwinkler]