Außergewöhnliche Musicalproduktion in einer Ordensschule
Aufführungsort für das Musical, das gestern Abend seine Premiere feierte, ist der umgebaute Turnsaal der Schule. Eine Premiere die "sich gewaschen hat": Standing Ovations und tobender Jubel am Ende des zweieinhalbstündigen Abends.
Bereits am Montag begann man hier mit den Aufbauarbeiten. Die Dialoge und Gesangseinlagen saßen längst, bei den Schülern stieg in den letzten Tagen nur mehr das Lampenfieber. Seit Jahresbeginn hatte sich das Programm des Ensembles nochmals verdichtet: Intensive Probentage und einige Probenwochenenden, die alle Mitwirkenden gerne opferten, garantierten den Bühnenerfolg. Das Ensemble setzt sich aus den SchülerInnen und erwachsenen Mitgliedern des Kammerchors Friesgasse zusammen. Gemeinsam wurden Szenen einstudiert, Ensemblenummern geprobt, Soli geübt und verfeinert, Texte auswendig gelernt und Tänze erarbeitet.
Musicals haben im Schulzentrum Friesgasse eine lange Tradition, schon vor 22 Jahren wurde Anatevka zum ersten Mal aufgeführt. Damals wirkte ein Vater mit, dessen Söhne heuer ebenfalls im selben Stück an der selben Schulen mitspielen. Der eine Sohn auf der Bühne, der andere im Orchester.
Sr. Beatrix Mayrhofer, Präsidentin der Frauenorden und Direktorin der AHS Friesgasse von 1992 bis 2010 nachdenklich: "Das Publikum, so heißt es, war von der Uraufführung 1964 in New York "begeistert und befremdet" Viele erfuhren erst durch das Musical von der Vertreibung der Juden aus dem Zarenreich und nicht wenige fragten sich, ob man denn über so ein Thema in einem Musical singen könne.
Von Vertreibungen erfahren wir heute aus den Medien täglich. Wir sehen die Schlauchboote und lesen über Schlepperfahrzeuge, wir hören von den Rohingya, deren Dörfer niedergebrannt werden und sehen die Mütter, die ihre Kinder über schlammbedeckte, schwankende Balken tragen. Kann man singen, wenn man vertrieben wird? Die Geschichte der Menschen aus dem kleinen Ort Anatevka zeigt uns eine ganze Kette von Vertreibungen.
Der Milchmann Tevje möchte keine Veränderung der Traditionen, nur ein kleines Stückchen Glück. Im Tumult der Ereignisse, in aller Tragik unseres Lebens, in allen Auf- und Umbrüchen bleibt diese eine Frage:
Was gibt uns die Kraft, woraus schöpfen wir Mut? Wie ertragen wir das Leid? Wehmütig ist die Melodie des Fiedlers auf dem Dach (Anm.: Das Stück "Anatevka" heißt im Englischen: Fiddler on the roof"), wehmütig aber beharrlich. Immer wieder ist der Mann mit der Geige da, wenn sich das Leben verdichtet zur Freude oder zur Flucht. Es gibt etwas im Leben, das uns die Kraft gibt, das uns mutig macht. Ist es die Liebe?"
[alle Bilder (c) mschauer]
Wer nun Lust auf einen spannenden Musiktheaterabend bekommt, kann sich das Stück noch bis zum 22.4. in der Friesgasse ansehen:
Anatevka in der Friesgasse, alle Informationen
[mschauer]