P. Franz Weber: Kirche braucht neue Formen missionarischer Präsenz
Mission dürfe es heute eigentlich nicht mehr geben – eine Meinung, die in der heutigen Zeit sehr viele, auch gläubige Menschen vertreten. Der Grund für diese Meinung liegt sicherlich darin, dass aus der Vergangenheit ein fehlgeleiteter Begriff von Mission in die Gegenwart übernommen wurde. Früher verstand man darunter, in die Welt hinauszugehen und das Wort Gottes in der Fremde zu verkünden. „Dabei haben wir manchmal unsere Bodenhaftung verloren und auf uns selbst vergessen“, gab P. Franz Weber zu bedenken. Jetzt müssten sich die missionarischen Orden fragen: Ist die Mission bei uns selber angekommen?
Tatsache sei: „Wir selbst sind die ersten Adressaten der Mission“, sagt der Missionsexperte. Man müsse sich auf die jeweiligen Ordensgründer zurückbesinnen. Dabei gehe es nicht darum, Archäologie zu betreiben oder nutzlose Nostalgien zu pflegen, sondern um den inspirierenden Funken. Der Ordensmann beruft sich dabei auf das Schreiben von Papst Franziskus zum JAHR DER ORDEN. Die Dienste der Orden, ihre Werke, ihr Zugegensein dem, was der Geist von den Ordensgründern verlangt hat; sind sie geeignet, dessen Ziele in der Gesellschaft und in der Kirche von heute zu verfolgen?
Mission braucht liebevolle Zuwendung
Denn: „Mission ist keine Randerscheinung“, betont P. Weber. „Sie gehört zum Wesen der Kirche; sie hat mit Gott selbst zu tun. Kirche hat keine Mission, Kirche ist Mission.“ Wobei eines unumstößlich sei: „Das Motiv der Mission ist die liebevolle Zuwendung von Gott an die Menschen. Früher war in der Mission oft ein Fehlen von Liebe. Aber wenn die Liebe Gottes nicht spürbar ist, dann sind wir klar daneben!“, so der Comboni-Missionar. Die Welt brauche keine Hoffnungslosigkeit durch eine hoffnungslose Mission.
Allerdings habe er manchmal den Eindruck, dass manche Bewegungen innerhalb der Kirche gegen die Gegenwart funktionierten. Aber die Gegenwart sei kein Feind, von Gott geschickt. Viele Herausforderungen würden auf die Orden warten; Stichwörter seien die Überalterung, der Mangel an Berufungen und die Internationalität, doch auch hier zitiert P. Weber aus dem Schreiben von Papst Franziskus: Wo Ordensleute sind, da ist Freude. Genau in diesen Herausforderungen sollten Ordensleute ihre vollkommene Freude finden. „Wir brauchen keine Kampagnen“, so P. Weber, „sondern wir brauchen glückliche Männer und Frauen, die Vorbilder für die jungen Menschen sind.“
Orden müssten die Welt aufwecken; aber das bedeute, auf die Menschen zuzugehen, auch an die Ränder der menschlichen Gesellschaft. Man habe keine perfekten Gemeinschaften anzubieten; deshalb brauche Mission Geduld und Fingerspitzengefühl. „Wir haben keine Mission, wir leben Mission“, bringt es P. Weber auf den Punkt. Ordensleute seien wie Propheten, die Zeugnis geben über das Leben Jesu auf dieser Welt; deshalb stünden sie auf der Seite der Armen und Wehrlosen, weil Gott selbst auf ihrer Seite steht.
Mission passiert vor unserer Haustür
Deshalb passiere Mission nicht mehr in der Fremde; Mission passiere vor unserer Haustür. Die größte Herausforderung gegenwärtig seien die Flüchtlinge. Doch statt der Zerstörung der eigenen Identität zu befürchten müsse man kulturelle Synthesen schaffen. „Das ist eine Chance“, ist P. Weber überzeugt. Doch es gibt keine Alternative zum Dialog mit anderen Religionen; auch das sei ein neues Zeichen der Mission. Der Geist Gottes wirke in allen Religionen und Völkern; deshalb werden auch konkrete Taten wie z.B. die Aufnahme von Flüchtlingen erwartet; das sei die Anpassung der Werke an die neuen Bedürfnisse. Vielmehr sei Mission nach heutigem kirchlichem Verständnis vor allem eine Einladung "zu Gespräch, Dialog und solidarischem Handeln." P. Webers Credo: „Eine Kirche, die die Menschen nicht einlädt, gibt sich selber auf.“ [#otag2015]
Ansprechpartner: Ferdinand Kaineder 0699/1503 2847
[rs]