Sr. Anna Mayrhofer: Fußball-WM verschlimmert den Menschenhandel
Am 12. Juni 2014 startet die Fußball-WM in Brasilien, und die ganze Welt freut sich auf spannende Matches. Sogar Papst Franziskus outete sich in einer Presseaussendung als "Fußball-Fan Nr. 1" und kündigte für die Eröffnungsfeierlichkeiten eine Videobotschaft an. Doch bei aller Euphorie darf nicht vergessen werden, dass es hier auch Schattenseiten gibt. Bei der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika sei die sexuelle Ausbeutung um 40 Prozent, und zuvor auch in Deutschland um 30 Prozent gestiegen, legten Vertreter von Ordensorganisationen gegen Menschenhandel - von Brasiliens "Un Grito pela Vida" und der weltweiten "Talitha Kum" - vergangene Woche im Vatikan dar.
400.000 Kinderprostituierte
Derzeit strömen viele Brasilianer aus armen Dörfern in die Austragungsorte - in der Hoffnung auf Arbeit in Hotels, Bars oder Restaurants. Leicht werden dabei Frauen, zunehmend jedoch auch Kinder zu Opfern von Menschenhändlern, die sie unter falschen Versprechungen anlocken. Einem Bericht der Tageszeitung "Welt" zufolge (Mittwoch) hat sich die Zahl der Kinderprostituierten in Brasilien seit zehn Jahren vervierfacht und beträgt laut Schätzungen derzeit um die 400.000, wobei drei der Spielorte - Fortaleza, Belo Horizonte und Recife - als "Hotspots" für dieses Problem gelten.
Brasiliens Regierung simuliert laut Menschenrechtlern Hilfe nur, und auch seitens der FIFA werde das Problem "praktisch totgeschwiegen": Ob und wie viel Geld der laut eigenen Angaben 20 Millionen Dollar für Projekte gegen Kinderprostitution ausgegeben wurde, beantworte die FIFA-Pressestelle gegenüber der "Welt" nicht, vielmehr habe man diesbezüglich "Sorgen und Erwartungen" gegenüber staatlichen Stellen geäußert.
Ordensfrauen initiieren Aufklärungskampagne
Im Zuge einer Kampagne klären derzeit 250 Ordensfrauen in Brasilien etwa an Flughäfen oder touristischen Brennpunkten Fans aus aller Welt wie auch potenzielle Opfer auf. Vergleichbar war laut Sr. Mayrhofer die Bewusstseinsarbeit bei der WM 2006 in Deutschland, als sich die deutsche Partnerorganisation "Solwodi" an einer groß angelegten NGO-Kampagne gegen Menschenhandel beteiligt hatte.
Durchaus habe es Erfolge gegeben, "Frauen haben aus diesem Grund ihre Männer zu den Spielen begleitet, wodurch die anwesenden Familien zu einer Volksfeststimmung beigetragen haben", berichtete die Franziskanerin von den Missionarinnen Mariens. Aus Zuhälterkreisen sei damals die die Aussage bekannt geworden: "Frauenverbände haben uns das Geschäft vermiest."
Opfer haben Angst vor Anzeigen
Appelle an Anrainer und Fans gibt es in Brasilien auch dahingehend, Fälle von sexueller Ausbeutung und Menschenhandel bei den Behörden zu melden, um somit das im Land grassierende Problem der Straflosigkeit zu bekämpfen. Wichtig sei dies, da Anzeigen durch die Betroffenen selbst unmöglich seien, wie Mayrhofer erklärte: "Wenn Frauen Gewalt erleben, abhängig gemacht werden und die Täter wissen, wo ihre Familien leben, so werden sie nie etwas sagen." Wichtig seien hier Maßnahmen wie etwa anonyme Schutzwohnungen, um die Opfer aus dem Einflussbereich der Schlepper zu bekommen.
Als nachhaltigste Prävention für Menschenhandel sieht die Ordensfrau den Kampf gegen Armut, "wenn man Familien und speziell Frauen dabei hilft, dass sie nicht plötzlich ohne Möglichkeiten eines Lebensunterhaltes dastehen müssen", so Mayrhofer. Eindeutig besteht für Sr. Mayrhofer der Zusammenhang zwischen Prostitution und Menschenhandel, was auch kürzlich das EU-Parlament klar festgestellt habe. "Die Nachfrage nach Prostitution schafft einen Markt und gleichzeitig auch Menschenhandel, da die Anfrage befriedigt werden muss", so die Ordensfrau. Zielführend seien hier Freierkampagnen, "wo man klar sagt: Leute, ihr wollt eure sexuellen Bedürfnisse befriedigen und konsumiert dabei Menschen, ohne Verantwortung dafür zu übernehmen". Auch in Österreich würde sie sich hier noch mehr Bewusstseinsbildung wünschen, und "dass man nicht tut, als wäre alles in Ordnung".
Quelle Foto: www.kirchenzeitung.at
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