Wirtschaftstagung der Orden: Es braucht eine vorsorgende Innovation
Die Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreich Magdalena Holztrattner setzte in ihrem Impuls auf eine integrative Sicht von Laudato si: „Wir Menschen sind Erde und bestehen aus den Elementen dieser Erde. Aber: Wir beuten zu viel aus und hinterlassen oft Spuren der Ausbeutung. Es braucht ein neues Wirtschaften aus einer tiefen Sorge um das gemeinsame Haus – die Erde. Wir sind immer und überall verbunden. Was wir der Erde antun, das tun wir uns selber an.“ Holztrattner verbindet die Sorge um die Welt ganz direkt mit der Sorge um die Armen, Ausgegrenzten dieser Welt: „Die Armen tragen am wenigsten zur Umweltzerstörung bei und leiden doch am meisten unter dieser Weltzerströrung. Das verlangt eine globale ökologische Umkehr hin auf einen gemeinwohlorientierten Lebensstil. Es ist eine Umkehr im Sinne von Konversion, ein neues Zusammenwirken im Sinne des Gemeinwohls.“ Holztrattner entlarvt das heute weit verbreitete „technokratische Paradigma als eindimensionales Denken“. Die Wegwerfkultur macht zum Beispiel nicht nur Lebensmittel wertlos, sondern genauso den Menschen selbst. Wegwerfen ist Diebstahl. Gleichgültigkeit ist die Folge des „totalen Konsums“. Die „Verschnellerung“ (Rapidaciòn) verdrängt Leerräume und notwendige Zeiten der Muße, der Stille, der Erinnerung, der Zweckfreiheit und des Gebetes. Klöster sind auch als Anders-Orte in diesem Sinne konzipiert. Die Orientierung am Gemeinwohl als Goldene Regel für soziales Verhalten ist verdrängt und den meisten Menschen nicht mehr zugänglich. Das solidarische Wirtschaften ist den Orden in die Wiege gelegt.
Dr.in Magdalena Holztrattner, KSÖ
Lösungsansätze
Zentral sieht Holztrattner die „Spiritualität als Verbundenheit von Allem. Verbunden in einer zärtlichen Liebe“, wie es Papst Franziskus immer wieder betont. Diese innere Verbundenheit wird Genügsamkeit und Fürsorge hervorbringen. Das bedeutet auch eine klare Option für die Armen, „für die wir als Christen Partei ergreifen müssen“. Holztrattner legt den TagungsteilnehmerInnen ein „sozialpolitisches Engagement aus dem Glauben motiviert“ ans Herz, weil Christsein immer mit Politik zu tun hat. Denn: „Gute Politik ist die nachhaltigste Form der Nächstenliebe.“ Holztrattner verweist auf die Initiative „Christlich geht anders“. Dabei geht es um solidarische Antworten auf die soziale Frage. Der Sozialstaat als tragendes Netz darf nicht verächtlich gemacht oder gar eliminiert werden. Es geht auch um den persönlichen Lebensstil: „Von uns wird ein ökologischer und nachhaltiger Lebensstil erwartet mit einer tiefen Herzensbildung.“ Gerade durch Erziehung kann ganzheitliches ökologisches Bewusstsein gefördert werden, damit neue Produktionsweisen und Konsumgewohnheiten entstehen und gelebt werden können.
Abendlob nach Laudato si
Täglich Balance finden
Die Professorin für Umweltgeschichte an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt Verena Winiwarter inspirierte die TagungsteilnehmerInnen mit ihrer „umwelthistorischen Perspektive auf die Welt“. Richtiges richtig zu machen und gute Entscheidungen auf lange Sicht zu treffen ist das Ziel. Es geht um die Nebenwirkungen unseres Handelns. Wirtschaften im Sinne von Laudato si heißt, „täglich die Balance finden zwischen ökologisch, sozialen und ökonomischen Anforderungen, ohne dass wir dauerhaft Grenzen des ökologischen Systems überschreiten“. Es geht um die Gesundheit der Ökosysteme auf einem von Menschen dominierten Planeten. Nachhaltigkeit ist unteilbar. „Dass Menschen die biologische Vielfalt zerstören, ist ein Verbrechen gegen die Natur und damit eine Sünde gegenüber sich selbst.“ Die Risiken wachsen ins Ungeheure, wenn wir an die nuklearen und biologischen Waffen denken. Ebenso verursacht Krieg immer schwere Schäden an der Natur und für den kulturellen Reichtum. Aus Sicht der Umweltgeschichte ist bei Laudato si bemerkenswert, „dass es ein Eingeständnis des Klimawandels gibt, ein klarer Zusammenhang zwischen Nord und Süd benannt, dass Nachhaltigkeit gerade in ihrer sozialen Dimension gesehen wird.“ Laudato si beinhaltet allerdings keinen direkten Hinweis auf das sozial-ökologische Wirtschaftens. Winiwarter berichtet aber, dass der UN Global Compact schon 12.500 Mitglieder hat. Ebenso vermisst Winiwarter den Hinweis auf die Altlasten der nuklearen Sprengköpfe. Es gibt genug Nahrung und Ressourcen für alle. Aber: „Es ist nicht genug da, wenn diese Ressourcen absichtlich durch Kriege vernichtet werden.“ Deshalb sind Friedens- und Umweltbewegungen nach dem 2. Weltkrieg Hand in Hand gegangen. Das ist bis heute auseinandergefallen.
Univ. Prof. Ing. Dr. Verena Winiwarter
Altlasten beseitigen
In Replik auf Günther Anders ermutigt Winiwarter die Wirtschaftsverantwortlichen: „Erweitere dein Zeitgefühl, weil wir heute über Jahrtausende entscheiden. Die apokalyptische Gefahr lässt sich nur durch tägliche Akte abschaffen.“ Der Mensch ist seinem eigenen Können und Möglichkeiten ausgeliefert und muss täglich aus dieser Unsicherheit heraus Frieden schaffen. Wirtschaften im Sinne von Laudato si heißt, „keine Nachhaltigkeit ohne Abrüstung“. Die Sanierung von Altlasten wie Nuklearverseuchung oder Kontaminierungen als Voraussetzung für Nachhaltigkeit im Sinne des ökologischen Wirtschaftens gehört zu den drängendsten Aufgaben. „Unsere Entscheidungen heute werden sich noch tausende Jahre auswirken und der Mensch weiß noch nicht, wie sie damit umgehen, weil wir viele heimtückische Probleme geschaffen haben. Wir leben im Zeitalter der Nebenwirkungen und der heimtückischen Probleme. Eine Win-Win-Situation wird es dazu nicht geben können.“ Es braucht eine klare Regelung, „damit Folgekosten klar zu benannt und zuzuteilen“. Gerade auch der Umgang mit neuen Risiken wie den Nano-Technologien braucht eine „vorsorgende Innovation“. Was ist zu tun? „Nicht die Augen verschließen vor den Altlasten. Den künftigen Generationen nicht die Kosten dafür aufhalsen. Im täglichen Geschäft die unteilbare Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellen. Und: Die Folgekosten bitte nicht auslagern.“
Als weitere Impulsgeber hat Ernst Gugler das Prinzip „Cradle to cradle“ (Von der Wiege in die Wiege) in seiner Druckerei vorgestellt. Abt Johannes Perkmann hat die jahrzehntelangen Bemühungen seiner Abtei Michaelbeuern im Bereich Ökologisierung geschildert. Klaus Heidegger hat konkrete Beispiele aus dem Schulbereich PORG Volders eingebracht. Johann Neumayer stellte als Umweltbeauftragter der Erzdiözese Salzburg die Umweltarbeit der Kirchen von. In Arbeitsgruppen wurden für die unterschiedlichen Wirtschaftsfelder konkrete Maßnahmen erarbeitet.
vlnr: Neumayr, Heidegger, Winiwarter, Perkmann, Holztrattner, Gugler
Fotos in Druckqualität: Magdalena Holztrattner und Verena Winiwarter (Foto: Magdalena Schauer)
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