Der Mensch ist das Medium: Bücher werden Begegnung
Der erste Tag der Jahrestagung stand ganz im Zeichen einer Verortung und Einordnung, einer Vergangenheitsbetrachtung und Zukunftsschau und einer exemplarischen Darstellung erfolgreicher Projekte. Marcus Stark zeigt auf: „Durch den Buchdruck wurde der Zugang zu großen Wissensmengen ungemein vereinfacht und die Möglichkeiten der Digitalisierung führen dazu, dass diese Flut konstant anschwillt. Die Frage, die sich stellt, ist wie man auf diese Massen reagieren soll. Früher galt:„A library, if anything, is a collection. If there is no collection, there is no library“- doch im Zeitalter der Hybridbibliothek stellt sich die Frage: Werden Bibliotheken in Zukunft noch sammeln, wird es Bibliotheken ohne Bestände geben? „Digital Collections“ haben die Funktionen Sinnzusammenhänge herzustellen und „in einer sich ändernden Bibliothekswelt, muss das Bewusstsein geschärft werden für Sammlungen. Sie sind es, die das Profil einer Bibliothek ausmachen.“
(c) ordensgemeinschaften.at
Bibliotheken mit Alleinstellungsmerkmalen
Stark spricht von einer allgemeinen Prognose, derzufolge in wenigen Jahren nur mehr diejenigen Bibliotheken überleben würden, die über die Alleinstellungsmerkmale einer Sammlung verfügen. Kirchliche Bibliotheken würden über ebendiese Merkmale verfügen. Darin unterscheiden sie sich von universalwissenschaftlichen Großbibliotheken. „Das Buch zu bewahren und die Lektüre und ihre Verbreitung zu fördern ist für die Kirche eine Aktivität, die ihrem Missionsauftrag sehr nahe kommt oder gar eins damit ist“, fasst die Moderatorin Karin Schamberger zusammen. Die Kooperation mit staatlichen Institutionen sei die Lösung und Sammlungen seien die Stärken von kirchlichen Bibliotheken, durch die sie immer etwas Neues auf den Markt werfen können. Reinhard Ehgartner vom Österreichischen Bibliothekswerk sieht die kirchliche Bibliotheksarbeit im Wandel: „Es gibt ca. 1500 öffentliche Bibliotheken in Österreich. Dennoch fehlt eine genaue Definition, da es kein Bibliotheksgesetz in Österreich gibt. Kirchliche Bibliotheken - darunter finden sich 235 an der Zahl und 419 sind Kooperative -, die von Kommunen und Pfarren gemeinsam geführt werden.“ So könne man also davon ausgehen, dass circa die Hälfte der österreichischen Bibliotheken in Österreich einen katholischen Träger oder Mitträger hätten und von über 8000 ehrenamtlichen MitarbeiterInnen unterstützt würden.
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Weniger Bücherei und mehr Begegnung
Mit dem Anfang der Neunziger und der Digitalisierung habe sich einiges getan. Ehgartner erkennt nur positive Auswirkungen auf die Szene: „Mit den neuen Erfordernissen kamen viele junge Leute dazu und es brauchte Leitungsteams anstatt von Einzelpersonen. Dadurch entstanden tolle Netzwerke und Projekte wie z.B. „Innsbook“ in Innsbruck.“ In Bibliotheken besinne man sich heute weniger auf die Bücher und mehr auf Begegnung. „Seinerzeit hieß es: Die Bibliothek steht allen Volksgenossen ab 12 zur Verfügung“ erinnert sich Ehgartner und bekräftigt im Hinblick auf kleine Kinder verschmitzt: „Früher hätten wir diese Schädlinge gar nicht in die Bibliotheken gelassen.“ Heute sähe man das anders und weiß durch die Bookstart-Bewegung, dass Kinder eine wichtige Zielgruppe seien und ein Heranführen an Bibliotheken als sozialintegrative Bereiche sehr positive für ihre Entwicklung haben könne.“ Prinzipiell gilt für Ehgartner: „Das spannendste Medium sind die Menschen geworden, das Sprechen ÜBER Bücher ist in den Mittelpunkt gerückt.“
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Das Mittelalter digitalisieren
P. Florian Mayrhofer, Bibliothekar in Heiligenkreuz berichtet vom Wachstum der Bibliothek und dem Projekt „Grauware“, in dem Kleinschriften gesammelt und auf Anfragen von außen durch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen eingescannt und verschickt wurden. Wie mit diesen entstehenden Datensätzen umgegangen würde, sei die Frage. Mayrhofers Vision ist eine zentrale Stelle, die diese bewertet und in ein System einpflegt. Edith Kapeller von der Stiftsbibliothek Klosterneuburg stellte das EU-Projekt „DEMM- Digital Editing of Medieval Manuscripts“ vor. Es ist ein Erasmus+ Projekt mit drei Jahren Laufzeit und bietet Studenten die Möglichkeit zu lernen, wie man mittelalterliche Texte digital editiert. Mit diesen vier Beiträgen wurde die Jahrestagung eingeleitet, deren Kommissionsmitglieder noch bis zum 24. Mai 2017 tagen werden.
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Für weitere Informationen steht Helga Penz vom Referat für die Kulturgüter der Orden zur Verfügung: helga.penz@ordensgemeinschaften.at .
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