Staatssekretärin Muna Duzdar: Wir müssen online widersprechen
„Die Politik hat den Hass im Netz unterschätzt“, gibt Staatssekretärin Muna Duzdar in ihrem Impulsreferat beim traditionellen Frühstück der Katholischen Sozialakademie Österreichs offen zu. Lange Zeit dachte man, Hasspostings würden nur Individuen gemacht, doch diese Entwicklung sei ein „gesamtpolitisches Phänomen“. Duzdar weiter: „Wir haben auch gemerkt, Dinge wie Demokratie sind nicht in Stein gemeißelt“.
Gerade die letzten Monate und Wochen rund um die Bundespräsidentenwahl hätten gezeigt, wie sehr das Web ein Sammelpunkt für Angst und Desinformation sei; es wurden geradezu digitale Parallelwelten geschaffen; Verschwörungstheorien boomten. Provozierende Meldungen wurden gelikt und verbreitet - und erzeugten dadurch den Eindruck, dass dies politische Meinungen ist. Aber selbst durch ein Teilen, das mit Kritik verbunden sei, geschehe eine Verbreitung.
Muna Duzdar (l.), Staatssekretärin im Bundeskanzleramt für Diversität, Öffentlichen Dienst und Digitalisierung, stellte im Rahmen des ksoe-Frühstücks die „Initiative gegen Hass im Netz“ der Bundesregierung vor. Moderiert wurde die Veranstaltung von Magdalena M. Holztrattner (ksoe). (c) Ordensgemeinschaften Österreich/rs
Doch das größte Problem entstehe, weil Internetplattformen wie Facebook oder Twitter mit fadenscheiniger Begründung nicht bereit seien, Hasspostings zu löschen. Das betreffe sogar zum Großteil Inhalte, der von Juristen als illegal eingestuften würden.
Deshalb habe die Bundesregierung die „Initiative gegen Hass im Netz“ ins Leben gerufen - eine Plattform von Freiwilligen, die gemeinsam Falschmeldungen und ihre Verbreitung im Web gezielt nachgehen.
„Wir brauchen hellhörige Leserinnen und Leser. Wir müssen online widersprechen“, bringt es Duzdar auf den Punkt. Gleichzeitig überlege die Bundesregierung, wie man Online-Plattformen wie Facebook stärker in die Pflicht nehmen könne. Neue Gesetze sollen gewährleisten, dass die Staatsanwaltschaft Verfahren künftig nicht so schnell einstelle wie bisher. Eines müsse klar sein: Das Internet sei kein straffreier Raum, und Online-Hass keine Bagatelle. „Ziel ist, das Netz vom Hass zu befreien“, so die Politikerin.
Fernandez de la Hoz: Gegner, keine Feinde
Die Menschen hätten Angst vor dem Verlust des Wohlstandes und vor dem Verlust der eigenen Identität, und diese Ängste würden instrumentalisiert, bringt es die Sozialethikerin Sr. Paloma Fernandez de la Hoz auf den Punkt. Angst zerfresse das gegenseitige Vertrauen. Dazu komme auch, dass die Konzentration von ökonomischer Macht in den Händen weniger die Demokratie aushöhlt.
Paloma Fernández de la Hoz, Sozialwissenschafterin und Sozialethikerin (ksoe), analysierte die Zusammenhänge von Populismus, Demokratie und Gefühlen in der Politik. (c) Ordensgemeinschaften Österreich/rs
Sorgen bereiten ihr vor allem Zunahme der "extremen verbaler Aggressivität" in der medialen Politikdebatte. Aber: „Wenn ich aus einem Gegner, einem Menschen, der andere Interessen und eine andere Weltanschauung vertritt, einen Feind mache, wenn ich ihn dämonisiere, dann verlasse ich das Feld des christlichen Glaubens“, lautet das Fazit der ksoe-Expertin.
[rs]