Neue Kräutergärten im Europakloster Gut Aich eröffnet und gesegnet
In Vergessenheit geratene Pflanzensorten werden bewahrt und heilen
Kräutergärten sind seit rund 1.500 Jahren ein wichtiger Bestandteil benediktinischer Klöster und ihrer Lebenskunst. Durch den ökologischen und verantwortungsvollen Anbau kultivieren Mönche alte und in Vergessenheit geratene Pflanzensorten und bewahren so Teile eines kulturellen Erbes. Gerade die Verbindung von traditionellem Kräuterwissen und den Anwendungen in der modernen Naturheilkunde lassen die Wirkung dieser „Urheilmittel“ der Menschheit für Menschen in der Gegenwart begreifbar werden. „Viele Kräuter, die wir im neuen Kräutergarten anbauen, zählen zu wichtigen Naturheilkräutern. Ihnen wird eine besondere Heilkraft zugesprochen und sie gelten als Impulsgeber für ein harmonisches Leben mit Gott und der Natur und schaffen neue Zugänge zu einer körperlich-seelischen Gesundheit“, erklärt P. Pausch. Alle geernteten Kräuter werden im Europakloster, zu naturbelassenen Produkten wie Kräuterlikören, Naturkosmetik oder Kräutermischungen in traditioneller Handarbeit verarbeitet. Die besonderen Produkte sind direkt im Klosterladen des Europaklosters oder im Internet erhältlich.
Wertschätzung für Menschen und Pflanzen: nicht Masse, sondern Klasse
Nach nur einjähriger Bauzeit haben die Mönche auf 450 Quadratmetern einen Wunschtraum, einen Paradiesesgarten, verwirklicht. Wer in diesem Garten (mit Verarbeitungs- und Seminarräumen), der von Ysop, Thymian, Quendel, Bohnenkraut bis Oregano alles zu bieten hat, eine Kräuterplantage erwartet, ist überrascht und erfreut, denn hier findet man „nicht Masse, sondern Klasse“, wie ein Besucher anerkennend feststellte. Hier ist kein Ort der Massenproduktion, sondern ein Ort an dem Pflanzen wie Menschen gleichermaßen Wertschätzung erhalten, weil es möglich ist Beziehung miteinander aufzubauen. Und „Beziehung ist die Grundlage und der Anfang des Lebens und aller Heilung. Die Grundlage unserer Arbeit im Garten und mit den Kräutern ist die Wertschätzung allen Lebens“ wie P. Johannes Pausch bei der Einweihung betont. Deshalb brauchen in einem Garten Menschen und Pflanzen ihren Platz und ihren Raum. Es ist ein schönes Lebenszeichen, dass Vögel schon während der Bauzeit im neuen Garten heimisch wurden.
Der Garten, ein Ort der Menschen- und Gotteserfahrung
Die Geschichte der Heilkräutergärten in Gut Aich reicht bis zur Gründung des Klosters zurück. Der erste Heilkräutergarten wurde bereits 1994 in Gut Aich angelegt. Durch den gelungenen Neubau erfahren die Klostergärten in Gut Aich nun einen neuen Impuls, die sich in einer bunten und vielfältigen Auswahl an herrlichen Heilkräutern widerspiegelt. Aber im neuen Kräutergarten werden nicht nur die verschiedensten Heilkräuter angebaut, die als natürliche Rohstoffe geerntet werden, sondern für die Mönche sind die Gärten spirituelle Orte der Begegnung mit sich selbst, mit der Natur, den Menschen und mit Gott, die zum Innehalten, zur Meditation, zum Entspannen und Entschleunigen einladen. Menschen sollen wieder mit den Heilkräutern, ihrer Geschichte, Symbolik und Wirkungsweise vertraut werden. „Wenn Du Gott erfahren willst, musst Du in den Garten gehen“, sagt der Mönchsvater Pachomius. Der neue Kräutergarten in Gut Aich bietet durch seine Anlage und Architektur eine Vielzahl von Erfahrungen an, die weit über eine Information über Pflanzen und deren Wirkungsweisen hinausgehen.
Der Garten, ein Modell für das Zusammenleben der Menschen
Die neue Gartenanlage ist in das herrliche Natur- und Bergpanorama am Fuße des Schafsbergs eingebettet. Ein eigener Arkadengang aus Granitgusssäulen sowie Verarbeitungs- und Seminarräume für die Aus- und Weiterbildung in der Kräuterkunde, geben dem neuen Garten ein modernes und zugleich traditionelles und natürliches Flair. Hier verwirklichen die Mönche das benediktinische Lebensprinzip „ORA ET LABORA ET LEGE – BETE UND ARBEITE UND LERNE!“ Es ist ein Anliegen der Gut Aicher Mönche durch ihre Gärten und den verantwortlichen Umgang mit den Pflanzen mit anderen gemeinsam „das gute Leben“ zu lernen, wie es ihre alte Klosterregel fordert. Nach P. Pausch sind die Heilpflanzen sogar die besten Lehrer der Integration von Migranten. „Die wenigsten wissen, dass die meisten unserer heimischen Heilkräuter inkulturierte Migranten sind, die aus Ländern kommen, wie die heutigen Flüchtlinge. Sie haben sich integriert und wurden für uns alle zu Heilpflanzen. Wenn wir von diesem Modell für unsere gegenwärtig Situation lernen könnten, würden wir das Leben in einem umfassenden Sinn fördern.“
Natur – Kultur – Pflanzenwissen - Kompetenz – Ästhetik
Im neuen Garten des Klosters Gut Aich wird die Natur lebendig durch die Kultur der Gestaltung, des Anbaus und die Vermittlung von Wissen. Diese traditionelle Fähigkeit der Mönche Natur lebendig zu bewahren und zu gestalten, wird nicht nur in der ästhetischen Gestaltung des neuen Gartens sichtbar. Es ist deshalb logisch, dass neben dem Garten eine Blumenwiese mit Gänseblümchen und Löwenzahn, der Garten mit den heilenden Bäumen und ein scheinbar achtlos übrig gebliebener Erdhaufen hinter dem Gartenbau, auf dem sich mittlerweile viele Heilpflanzen ihren Platz gesucht haben, ebenso geachtet werden, wie der stattliche Neubau. Die Mönche von Gut Aich scheinen das Leben in seinen vielfältigen Formen wirklich zu schätzen. Deshalb erfreuen sich wohl auch ihre Produkte, die sie herstellen angefangen von den verschiedensten Kräuterlikören, über Tinkturen und Balsame so großer Beliebtheit.
Allein hätten es die Mönche, wie sie sagen, nicht geschafft dieses Projekt zu verwirklichen. Nur mit Hilfe vieler privater Sponsoren, den Fördervereinen des Klosters, dem „Verein Europäische Klosterheilkunde Gut Aich“ und EU Fördermitteln war es möglich. Der Besuch in diesen Klostergärten lohnt sich.
Bilder: Europakloster Gut Aich
[ms]